Originaltitel: Ken Park
USA, 2002
Laufzeit: 91 min
Shawn, Tate, Claude und Peaches sind vier dem Alter nach nicht näher definierte Jugendliche Skater, deren Refugium der Skatepark in Visalia ist, eine Kleinstadt irgendwo zwischen LA und Fresno. Dort erleben sie ihre Freiheit, während zuhause, hinter der Fassade der heilen Welt, Aggresivität, Alkoholismus und religiöser Fanatismus herrscht. Zwei Welten prallen aufeinander.
Der Film beginnt mit dem Selbstmord des Teenagers Ken Park. Wir erfahren zunächst allerdings nicht, warum es soweit kam. Stattdessen erzählt der Film aus dem Leben der oben angesprochenen Protagonisten. Wir werden Zeuge wie Tate, seines Zeichens Besitzer einer dreibeinigen Dogge, seine Großeltern tötet. Wir schauen bei Claude rein, dessen arbeitsloser, saufender Vater ihn für eine Schwuchtel hält und nach einer Sauftour mit seinem Kumpel versucht, Claude sexuell zu belästigen. Dazwischen erleben wir Shawn, der es nicht nur mit seiner Freundin sondern auch noch mit deren Mutter treibt; natürlich hinter dem Rücken ihres Ehemannes. Und dann ist da noch Peaches, das einzige Mädchen der Gruppe. Sie ist mit einem religiösen Fanatiker als Vater gestraft, der nach dem Tod seiner Frau alles daransetzt, Peaches vor den Dämonen der Fleischeslust zu schützen. Nachdem er sie mit einem Freund bei harmlosen Sexspielchen erwischt, dreht er völlig ab und beschliesst, seine Tochter symbolisch zu heiraten.
Alles ganz schön kaputt, mag der geneigte Leser jetzt denken.
Ich stimme zu; genau dieses Gefühl beschlich mich bei Ansicht des Films nicht nur einmal. Die Zeitschrift „Intro“ schrieb über den Film: ‚Der eindringlichste, radikalste und wichtigste Film des Jahres‘. Eindringlich und radikal sicherlich, aber der Wichtigste?
Das erscheint mir etwas zu hoch gegriffen.
Die Thematiken dessen, was den einzelnen Protagonisten so zustößt, kennt man auch aus anderen Filmen. Einzig die Explizität, mit der einem hier die Bilder förmlich um die Ohren gehauen werden, unterscheidet Ken Park z.B. von „Carrie“ , „American Beauty“ und anderen. Aber ein steifer Pimmel und divers eingestreute pornographische Aufnahmen machen einen Film nicht unbedingt besser, höchstens direkter. Inwieweit manche dieser Szenen überhaupt handlungstragend sind, darüber mögen sich die Kritiker die Köpfe heissreden. Ich für meinen Teil hätte die Botschaft auch ohne Blowjobs, flotte Dreier und Onanie verstanden. Aber das ist halt ein "stilistisches Merkmal" des durchaus umstrittenen Regisseurs Larry Clark - also nehmen wir das mal so hin.
Kommen wir zur Botschaft des Films, welche einem quasi mit dem Holzhammer eingebleut wird: Hinter der Fassade des guten Bürgertums ist nichts so wie es scheint!
Ach was! Ist ja mal ganz was neues ! Der Regisseur wollte uns hoffentlich nur Extrembeispiele zeigen. Hoffentlich deswegen, da es nicht überall in Amerikas Kleinstädten so zugehen kann. Ansonsten hat dieses Land ein noch viel schwereres Problem als ich dachte!
Die Tatsache, daß Heranwachsende Probleme mit ihren Eltern und ihrer Umgebung haben ist keine Neuigkeit. Die dargestellte Häufigkeit allerdings schon. Die Botschaft könnte auch falsch verstanden werden, nämlich derart, daß alle Familien in amerikanischen Kleinstädten schwer beziehungsgestört sind.
Ich habe mir den Film nicht nur aus Neugier, sondern auch aus gesellschaftlichem Interesse angesehen. Schliesslich muß man als alter Sack schon etwas auf dem Laufenden bleiben, welche Sorgen und Probleme denn die heutige Jugend so drücken (bzw. die Jugend um die Jahrtausenwende; das review stammt von 2004). Parallelen zu meiner Jugendzeit konnte ich keine einzige ziehen. Glücklicherweise. Und ich kann nur hoffen, daß diese kaputten Existenzen, die uns da vorgeführt werden, eine extreme Randerscheinung sind. Ansonsten gute Nacht Zukunft.
Darüber hinaus hat der Film bei mir keinen allzu bleibenden Eindruck hinterlassen. Nicht wegen der Thematik oder der Darstellung, sondern wegen fehlender Substanz. Sicher, interessant war er schon. Und das derartiges im Kino einem breiten Publikum vorgeführt und damit einen gewissen Wachrütteleffekt erzielt, ist durchaus eine gute Sache. Der oft zitierte „Schlag in die Magengrube“ blieb bei mir allerdings aus. Vielleicht, weil ich nicht betroffen bin oder war und auch niemanden kenne, dem ähnliches auch nur ansatzweise widerfahren wäre. Damit gehöre ich im Grunde zur eigentlichen Zielgruppe des Films. Dennoch konnte ich wegen fehlender Indentifikation nicht allzu viel damit anfangen. Glücklicherweise ist das aber nur meine Meinung. Ken Park ist zweifellos einer der Filme, die jeder für sich selbst ansehen sollte. Empfehlen kann ich aber schon; und sei es nur aus Gründen der Diskussionswürdigkeit. Ich denke, bei diesem Film bringt es mehr, gemeinsam darüber zu refkletieren als alleine.
Zum Schluß wird uns übrigens verraten, warum Ken sich erschossen hat. Im Vergleich zu den anderen Sachen die wir sahen eigentlich aus einem relativ banalen Grund. Aber erscheint uns das bei Suizid nicht häufig so? Wer kann als Aussenstehender schon in einen Menschen hinein sehen? Vielleicht war ja auch das die Intention des Regisseurs. Nicht nur ein Blick „hinter die Kulissen“, sondern ein Erklärungsversuch, warum manchen Teens und Twens eben so sind, wie sie sind. Oder besser: warum sie so geworden sind, wie sie sind.
Fazit:
schwierige Materie. Sicher kein „den seh ich mir mal eben an“-Film. Zeitweise wird das Spiel mit den Klischees allerdings zu sehr in den Vordergrund gerückt, sodaß echte Anteilnahme am Schicksal der Protagonisten zum Drahtseilakt wird.