Formicula

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Shadow
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Formicula

Beitrag von Shadow »

Originaltitel: Them!
USA, 1954
93 min
Bild

Als in der Wüste New Mexicos ein allein umherwanderndes Mädchen entdeckt wird, stehen die Behörden vor einem Rätsel. Wenig später werden auch noch die verstümmelten Eltern des Mädchens gefunden. In den Leichen lässt sich ein erheblicher Anteil an Ameisensäure nachweisen. Die Armee untersucht gemeinsam mit dem FBI und einem Team aus Wissenschaftlern die mysteriösen Todesfälle. Es stellt sich heraus, dass bei Atombombenexperimenten in der Wüste von New Mexico nukleare Strahlung freigesetzt wurde.

Wo anfangen? Zunächst einmal bei den Auffälligkeiten, die trotz Nostalgiebrille und aller aufgebrachten Geduld einfach störend, unglaubwürdig oder schlicht zu dick aufgetragen sind; B-Movie hin oder her.

Die Ameisen
Gruselig anzusehen fürwahr (immer im Hinterkopf behaltend natürlich das anvisierte Zielpublikum, welches sich entgegen der PG-Freigabe sicher eher ohne elterliche Begleitung in die Kinos aufmachte :zwinker: ), dennoch mit Fehlern behaftet, die „so mal gar nicht“ gehen; auch nicht im Rahmen der damaligen tricktechnischen Möglichkeiten. Da sind als erstes die Augen anzuführen. Diese haben ganz klar eine Pupille, was bei richtigen Ameisen nicht der Fall ist – auch nicht bei Riesenviechern. Warum hier nicht die „Original“-Augen, also Facettenaugen von tiefschwarzer Farbe, hergenommen wurden, obwohl der Film sonst Wert auf wissenschaftliche Genauigkeiten legt (zumindest wenn wir dem Filmvortrag des Professors lauschen), erschließt sich nicht ganz. Vielleicht wären riesige schwarze seelenlose Augen ZU gruselig gewesen – wer weiß.
Der nächste störende Punkt, der das Horrorfeeling ein bisschen vermiest, ist das Zottelfell, welches die Ameisen offenbar tragen. Eigentlich sind Ameisen Insekten mit einem Chitinpanzer und nicht mit einem Pelz ausgestattet. Ja, tatsächlich befinden sich feinste Härchen bei manchen Arten auf diesem Panzer. Aber selbst in dieser enormen Vergrößerung würden sie nicht zu einem derart dichten Pelz werden. Das kauf ich einfach nicht.
Man könnte das alles nun auf die Strahlenmutation schieben. Hielte ich aber für zu kurz gedacht. Ameisen leben gewöhnlich in unterirdischen Bauten. Pupillen-Augen sind da eher hinderlich und bringen keinerlei Vorteile. Auch der Pelz bringt nix, denn in der Erde ist es warm genug und bei einer Überflutung ist ein vollgesogenes Fell auch eher hinderlich. Das einzige, was ich der Mutation zuschiebe ist das widerlich hohe Pfeifgeräusch, mit dem sich die Ameisen untereinander verständigen. Möglich, dass sowas tatsächlich existiert und wir es aufgrund ihrer Kleinheit normalerweise nicht hören können.

Der Polizist/Agent/Soldat oder merkwürdige Dienststellen
Der eigentliche Hauptdarsteller des Films ist Sergeant Ben Peterson. Er wird uns am Anfang als ein Streifen-Bulle vorgestellt, genauer ein ganz gewöhnlicher Polizist der State Police im Rang eines Sergeant. Das ist zunächst einmal nichts anderes als der dienstältere Führer der Streifenbesatzung, bestehend aus ihm und einem Kollegen Ed, der folgerichtig den Rang eines Troopers hat. Sein Dienststellenleiter ist ein Police-Captain, der später hinzukommende Robert Graham ist FBI-Agent, der korrekterweise im Rang über ihm steht. Soweit, so richtig und logisch. Die Karriereschritte, die unser guter Ben im Laufe der Filmhandlung absolviert (Wochen? Monate? So ganz klar wird das nicht), ist allerdings atemberaubend. Nicht nur, daß er in das Special Force Team zur Bekämpfung der Ameisenplage nahtlos integriert wird (und damit eigentlich seinen Job bei den State Troopers aufgeben müßte), nein – er scheint auch rangmäßig alle zu überholen, einschließlich eines Army-Generals (was sogar in einem Dialogfetzen zur Sprache kommt).
Kaum ist er beim Team dabei, legt er die Uniform ab, läuft fortan nur noch in Zivil herum und scheint den örtlichen Polizisten vorgesetzt zu sein. Was ist da passiert? Ist er zum FBI gewechselt und bekleidet nun den Rang eines Agent? Oder ist er noch weiter aufgestiegen, nimmt er doch gar an Besprechungen auf höchster Ebene mit dem Generalstab und einem Senator teil. Ich versteh das einfach nicht, ein bisschen mehr Kontext hätte hier sicher nicht geschadet. Sonst vermittelt er dem überwiegend jüngeren Publikum den Eindruck, man könne bei den Behörden ganz schnell einfach hochbefördert werden, nur weil man persönlich (durch Ed’s Tod) an der Sache beteiligt ist – tatsächlich ist und war die Umkehrung eher der Fall. Wer persönlich berührt ist, wird gewöhnlicherweise von einem Fall abgezogen.
Das bringt mich zurück auf Robert O’Brien. Der Mann ist Brigadier-General, scheint aber trotzdem nach jedermanns Pfeife tanzen zu müssen. Dass der Wissenschaftler Harold Medford vom Agrarministerium (sic!) das Kommando hat und der General seinen Befehlen folgen muß ist zwar unglaubwürdig, aber im Rahmen der Handlung noch nachvollziehbar. Daß ihm allerdings erst ein windiger FBI-Agent und dann auch noch ein ehemaliger State-Trooper sagt, was Sache ist – nein, das kauf ich einfach nicht. Überhaupt, daß der gesamte Militärapparat einem Insektenforscher des Agrarministeriums hinterhertappt ist eine Prämisse, die gerade in den 50ern wohl keiner glaubte.


Mal von diesen Elementen abgesehen, die mir den Filmgenuss doch etwas getrübt haben, bleibt ein eher mittelmäßiger Sci-Fi-Classic, welcher meiner Meinung nach weit von dem Kultfilm, zu dem er oft erhoben wird, entfernt ist. Wie man so etwas richtig macht, hat Jack Arnold nicht einmal ein Jahr später mit „Tarantula“ eindrucksvoll gezeigt :ja: . Zum Kultstreifen fehlt „Them!“ einfach zuviel. Das ist sicherlich nicht die Schuld der Schaupieler; die machen ihre Sache recht ordentlich und agieren innerhalb der Konventionen glaubwürdig. Vom, mit 2,01 Metern Körpergröße wortwörtlich, überragenden James Arness, über den Hauptdarsteller James Whitmore, der erst in diesem Februar verstorbenen Joan Weldon bis hin zu der kleinen Sandy Descher, die mit ihrem stur abwesenden Blick echt unheimlich wirkt, tun alle ihr Bestes. Dennoch will der Film bei mir nicht richtig zünden. Woran es genau liegt, ist eher schwer auszudrücken. Sei es die Tatsache, daß es wie ein zusammengeschraubter Zweiteiler wirkt (erster Teil: die Ameisen in der Wüste, zweiter Teil: die Ameisen in Los Angeles), seien es die oben angeführten Störfaktoren, seien es die teils etwas wirren Storysprünge – irgendwie hat es mich nie wirklich mitgerissen. Regisseur Gordon Douglas‘ Vita gibt außer eher mittelprächtigen Western nur noch den lustigen und gelungenen „Robin and the 7 Hoods“ (Sieben gegen Chicago) her, was meinen Eindruck bestärkt, daß hier vielleicht nicht der richtige Erzähler für diese Art von Geschichte am Ruder saß.


Fazit:
Mmmhja – passt schon. Der Vergleich mit Tarantula drängt sich zwangsläufig auf und da schneidet Them! klar deutlich schlechter ab. Als Fan der Classics sollte man ihn mal gesehen haben. Hat man das aber nicht, hat man aber auch keine Sternstunde der Sci-Fi verpasst. Für den nostalgischen Sonntag nachmittag einmal passend, das reicht dann aber auch.
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