Dark Society

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Shadow
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Dark Society

Beitrag von Shadow »

Originaltitel: Society

USA, 1989
Laufzeit: 95 min

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Ist Bill Whitney nur das Opfer seiner Paranoia, oder ist es wahr, was man in Beverly Hills erzählt? Bizarre Orgien seiner Eltern und Inzest mit Bills Schwester Jenny auf Luxusparties. Sein Freund Blanchard kann auch keine Auskunft über die bizarren Ereignisse geben – er stirbt eines myteriösen Todes. Bill ist dem Geheimnis hinter dem Geheimnis auf der Spur. Sie entführt ihn in eine Welt, wo der Verstand zu rebellieren beginnt. Die korrupte Welt der „Society“ – reich, schleimig, dekadent, zäh wie Gummi und unersättlich.


Nun.. wo fang ich hier am besten an? Es ist generell nicht immer einfach, sich in die verdrehten Welten eines Brian Yuzna hineinzudenken. Ich bin auf den Herrn durch den schlicht genialen „Dagon“ und den fast melancholisch schönen „Return of the living Dead 3“ aufmerksam geworden und habe ihn mit diesen Werken schätzen gelernt. Aber sicherlich sind Yuznas Filme polarisierend; man mag sie oder man hasst sie. Meist kann man dies auch gleichsetzen mit: man versteht sie oder eben nicht. Im vorliegenden Fall wandelt der gute Brian ein bisschen auf den Spuren von David Cronenberg, zumindest was die wortwörtliche Darstellung der Explizivität des Fleisches angeht.
Nicht gerafft? :gruebel:
Nicht so wild, ich versuch’s mal zu erklären.

Mit dem Begriff „Society“ (in der deutschen Fassung einfach mit „Gesellschaft“ übersetzt, was etwas von der Metaphorik herausnimmt) ist natürlich die dekadente High Society gemeint, also die sogenannte „bessere Gesellschaft“. Sie fällt über die Mittel- und Unterschicht her, saugt sie aus, beraubt sie quasi ihrer Existenz. Das wird in diesem Film wörtlich dargestellt, versteckt hinter der Metapher, daß diese Society so eine Art Geheimgesellschaft ist. Die Parallelen zur echten High Society sind trotzdem nicht zu übersehen. Die Charaktere der Society setzen sich aus reichen Schnöseln zusammen, angeführt von einem Richter. Ihre Macht reicht bis in die Schulen hinein, wo sie sich ihre Opfer suchen, um diese dann eben auszusaugen, eigentlich zu verspeisen. Ihre Helfershelfer finden sich bei der Ambulanz, bei der Polizei – man gewinnt schnell den Eindruck, sie ist wie eine Krake, der man unmöglich dauerhaft entkommen kann. Dies wird auch deutlich in der Aussage von Fergusson (einem Mitschüler des Helden Bill; unverkennbar der typische tennisspielende, schnelle Autos fahrende und partyfeiernde Lackaffe; in einem Satz: ein reiches, überheblich arrogantes Arschloch, wie wir es alle so gerne hassen), der zu Bill sagt :“Wir gewinnen immer!“ Leider zeigt die Realität, auch ein knappes Vierteljahrhundert nach Entstehung des Films, das er damit wohl Recht hat. Die Reichen scheinen in der Tat machen zu können, was sie wollen. Genug Kohle vorausgesetzt, gelten für sie weder die Gesetze der Moralität noch die geschriebenen.

Generell scheint es keine Person in dem Film zu geben, der Bill, dessen Familie selbst eigentlich auch nicht zu den Armen gehört, vertrauen kann. Sein Psychiater (unvermeidlich wohl – jeder Ami benötigt offensichtlich seine eigenen Psychoonkel) erscheint dem Rezipienten von Haus aus verdächtig. Seine Freundin ist blond und eine ausgesprochen hohle Nuß – nur daran interessiert wie sie es wohl schaffen kann, auf die nächste Party der Society zu kommen. Seine Eltern interessieren sich nur peripher für ihn, dafür aber umso mehr für die Befindlichkeiten seiner Schwester. Und sein einziger Freund, David Blanchard (dargestellt als gnadenlose Stereotype: ein nicht gerade gut aussehender Elektronikfreak, leicht dicklich, welcher, natürlich vergebens, ein Auge auf Bills Schwester Jenny geworfen hat), kommt bei einem mysteriösen Verkehrsunfall ums Leben, nachdem er versucht hat, Bill vor dem seltsamen Gebaren seiner Eltern zu warnen. Dann ist da noch Clarissa, eigentlich auch eine der Reichen und Schönen, die Bill offenbar nur ins Bett kriegen will. Daß sich ausgerechnet diese Clarissa später als richtige Freundin erweist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schlussendlich hat Bill dann nur einen tatsächlichen Freund (Mist; hab schon wieder seinen Namen vergessen), der ihn zwar mit blöden Scherzen immer wieder verarscht, aber es eigentlich nie wirklich böse meint. In dieser Welt voller Feinde versucht sich Bill also irgendwie durchzuwuseln und dahinterzukommen, was eigentlich hinter allem steckt.

Es dauert etwas, bis der Film in Fahrt kommt. In dieser Aufbauphase stecken auch einige unlogische Dialoge und Handlungsweisen der Protagonisten, naja …. das ist halt ein Yuzna-Film. Von daher mag man es verzeihen, daß man das ein oder andere mal sich den Kopf kratzend vor’m Bildschirm sitzt und sich fragt, was da eigentlich für ein Quatsch abläuft. Da es sich aber im Grundsatz um einen Horrorfilm handelt, ist Logik in der Handlung der Charaktere ohnehin nicht oberstes Gebot.
Richtig zur Sache geht’s dann im letzten Drittel des Films. Hier spannt sich der Bogen zurück zu der eingangs erwähnten, exzessiven Explizivität des Fleisches. Ein groteskes, albtraumhaftes und ausgesprochen ekelhaftes Geschehen stürzt auf den Zuschauer ein, bei dem im wahrsten Wortsinne das Innerste nach aussen gekehrt wird. Der SFX-Mann, der sich selbst „Screaming Mad George“ nennt, hat wahrhaft ganze Arbeit geleistet; verdrehte Körper in unmöglichen Posen sind da noch das Geringste. Für die finale Party im Film ist das Adjektiv widerwärtig in der Tat das passendste. Einerseits echt „würg“, andererseits faszinierend – man muß einfach hinschauen. Und man fragt sich unwillkürlich, wie krank ein Hirn sein muß, dem solche Bildideen entspringen. Es wirkt tatsächlich so, als seien die Szenen geradewegs aus Albträumen entsprungen; eigentlich spotten sie jedem Beschreibungsversuch – das muß man einfach selbst gesehen haben.

Trotz der imposanten Schlußsequenzen ist aber auch deutlich zu konstatieren, daß der restliche Film (von einigen schrägen Momenten abgesehen) nicht über ein Mittelmaß hinauskommt, was die Umsetzung der Story betrifft. Das dürfte aber an den Schauspielern, die man in die Kategorie „typische 80er-Jahre Jugendliche, die’s wie Sand am Meer gibt und die man schon tausendmal zu sehen geglaubt hat“ einordnen kann, liegen. Einen wirklich herausragenden Charakter bietet die Cast nicht, von daher hat man die Gesichter auch relativ schnell wieder vergessen. Das ist aber auch der einzig echte Kritikpunkt.


Fazit:
Eine gar nicht mal unorginelle Idee, der Ausbeutung durch die High Society ein Gesicht zu geben. Nicht ganz einfach zu schlucken, aber das sind Yuzna-Filme ohnehin nie.
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