Embodiment of Evil

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Shadow
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Embodiment of Evil

Beitrag von Shadow »

Originaltitel: Encarnacao do Demonio


Brasilien, 2008
Laufzeit: 89 Minuten

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Der satanische Leichenbestatter Coffin Joe wird nach 40 Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Verfolgt von den gepeinigten Seelen seiner schauerlichen Vergangenheit lässt er in den Slums von Rio seinen bestialischen Satanskult wiederaufleben.
Seine Jünger müssen durch grausame, blutige Rituale ihre Ergebenheit beweisen. In diabolischen Orgien sucht Coffin Joe Erlösung und die perfekte Frau, die seinen Sohn austragen soll.
Zwei Brüder von der Militärpolizei wollen Coffin Joe auf eigene Faust zur Strecke bringen und folgen seiner Spur von gemarterten und verstümmelten Körpern durch die Slums von Rio.



In Brasilien ist Coffin Joe (bzw. Ze de Caixao, wie er dort genannt wird) schon seit Jahrzehnten Teil der Popkultur, denn Regisseur und Erfinder Jose Marins hat sich schon früh auf virales Marketing verstanden, lange, bevor es diese Begrifflichkeit überhaupt gab. Hierzulande sind die Geschichten über den manischen Totengräber nur einem kleinen Kreis bekannt, was nicht zuletzt an den bis dato fehlenden deutschsprachigen Medien liegen dürfte.

Aber auch wenn man von Coffin Joe bisher nichts oder nur wenig gehört hat, findet man sich in Marins' neuestem Streifen relativ schnell zurecht, was nicht zuletzt auch den immer wieder eingestreuten Rückblicken (mit Originalausschnitten aus den alten Schwarzweiß-Filmen) geschuldet ist. So läßt sich der Geschichte bequem folgen. Ach ja - die Geschichte... Laßt mich dazu wieder meine Lieblinge, die Internet-Nerds und sogenannten Filmkritiker, zitieren:

"Es gibt Dinge in diesem Film - viele Dinge - die du noch nie vorher gesehen hast. Eli Roth kann sich für seine lahmen Versuche schämen." (twichfilm.net)
"Eine Horror Ikone voller Sadismus, Unmoral und Gewalt. Jigsaw winselt und Jason läuft schreiend zu seiner Mama" (dreadcentral.com)
"Gore-Fest mit Folter, Verstümmelung, Kannibalismus und nackten Beautys" (Vareity)

Ich wette nach dem Durchlesen dieser auch auf dem Cover zitierten Sprüche kommt eine gewisse Erwartungserhaltung dem Film gegenüber auf. Dazu sei gleich gesagt: vergesst es!
Marins bleibt sich seiner jahrzehntelangen Linie treu und versteht sein Filmchen eher als Gruselstreifen. Zugegeben, ein paar eingestreute Gore-Effekte sind schon dabei. Diese wirken aber im Gesamtkontext des Filmes noch lange nicht so derb wie in den SAW oder Hostel-Reihen; meiner Meinung nach.

Überhaupt, zwar bemüht sich der Streifen um einen ernsten Grundton und kann diesen auch über lange Sequenzen aufrechterhalten, dennoch sind einige Einstellungen einfach nur komisch und wirken wie aus einer anderen Zeit - ich unterstelle Marins einfach mal Absicht an dieser Stelle.
Einerseits wirken Joe's Seelenqualen, die von seinen früheren Opfern verursacht werden, recht gruselig. Auch die Sequenzen aus der Zwischenhölle gemahnen ob ihres träumerisch halluzinatorischen Stils an längst vergangene Tage des Midnight-Movie-Cinemas.
Andererseits wirkt der zum Drehzeitpunkt auch schon 73jährige Marins nicht wirklich bedrohlich schaurig, sondern sieht eher wie ein netter Opi von nebenan aus. Die übertrieben langen Fingernägel des Totengräbers (sein Markenzeichen; nebst Umhang und Zylinder) wirken in diesem Zusammenhang auch eher lächerlich. Marins' absolutes Overacting trägt ebenfalls dazu bei, den Undertaker bestenfalls als sadistischen (und geilen) Mistkerl denn als bedrohliche Gestalt, als die er im Film dargestellt wird, zu sehen. :eat:

Auch die "guten Jungs", in diesem Fall zwei Polizisten-Brüder, die sich der Jagd nach Ze verschrieben haben, wirken wie Schauspielschüler der ersten Klasse. Insgesamt scheint Overacting bei diesem Film absolute Pflicht zu sein - die Charaktere werden gnadenlos überzeichnet. So schlecht sich das anhört, trägt es aber nicht unerheblich zum Charme dieses Films (und seiner Vorgänger) bei. Wenn Ze inmitten seiner Jünger seine geschwollenen Reden schwingt - das spottet jeder Beschreibung, das muß man einfach gesehen haben... Die für mich wirklich gruseligste Gestalt im ganzen Film war der Mönch Eugenio, gespielt von Milhem Cortaz. Ich wurde irgendwie den Eindruck nicht los, der Kerl hat weit mehr als die üblichen 32 Zähne im Mund :huch:

Was von den obigen Werbeversprechungen bleibt, sind die nackten Beauties. Und da sind tatsächlich ein paar lecker Mädels dabei - Brasilianerinnen halt :lick:


Fazit:
eine Geschichte aus einer anderen Zeit, mit moderner Technik in die Neuzeit transportiert. So gesehen ein interessantes Experiment, das sich durchaus angenehm goutieren läßt. Für Coffin Joe Fans Pflicht, für Freunde der längst totgeglaubten Midnight-Movies empfehlenswert, für die Gorebauern-Fraktion eher uninteressant.
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